Allgemein

Grundlagen des Imkerns – Theorie und Praxis

In den beiden ersten Wochen erlernen die 3 Imker-Schüler im theoretischen Unterricht:

  • die Biologie der Biene
  • die verschiedenen Bienenwesen Königin, Arbeiterin und Drohne
  • für den Imker wesentliche Merkmale eines Bienenvolkes wie Friedfertigkeit versus Aggressivität oder Legefreudigkeit der Königin.
  • Wichtige Regeln im Umgang mit Bienen wie ruhige Bewegungen, Hygiene.
  • Aufbau einer Bienenbeute

Praktisch besuchen sie die Bienenstände, gewöhnen sich an die Nähe zu den Bienenvölkern und wenden die gelernten Kenntnisse an.

Zu den nun folgenden Bildern werden wir neben der üblichen Bildunterschrift Hinweise geben, was die Bilder, mit Kenntnis afrikanischer Gegebenheiten, zusätzlich erkennen lassen. Diese Bemerkungen werden jeweils mit * markiert.

Die Biologie der Biene wird theoretisch erklärt. Der Unterricht findet in einem fensterlosen einfachen Raum statt mit einfachstem Inventar. Der Vortrag ist als Power-Point-Präsentation vorbereitet

* Der Raum ist sehr einfach, aber funktionell und sauber, letzteres in Zentralafrika eine absolute Ausnahme. Josué hat seinen Unterricht offensichtlich sachlich und strukturiert vorbereitet und hält nicht, wie in Afrika üblich, wohlklingende Reden, beginnend „bei Adam und Eva“. Trotz der begrenzten Mittel hat er einen Beamer angeschafft. Solche Dinge sind für afrikanische Gehälter sehr teuer (er als Lehrer erhält 100-200 € montlich bei außer Grundnahrungsmitteln häufig ähnlichen Preisen wie hier). Das zeigt seine Ernsthaftigkeit, auch wenn der Honig ihm Nebeneinkünfte beschert. Eine Tafel wäre Standard gewesen.

Die Imker-Schüler wirken hochkonzenriert. Dieser Kurs ist für sie die Chance ihres Lebens. Über das Wissen und die Möglichkeit zum Gelderwerb hinaus wird ihr Leben interessanter und sie erarbeiten sich in ihrem Dorf eine herausgehobene Position. Ansehen ist in Zentralafrika das höchste Gut. 

Geschrieben wird in einfache Hefte auf den Knien. Das kennen sie sicher aus ihrer Grundschule: bis zu 50-100 Schüler pro Klasse sind üblich, einen Tisch hat längst nicht jedes Kind. Immerhin können die drei Imker-Schüler gut genug schreiben, um die relativ komplexe Materie der Imkerei zu Papier zu bringen. Das spricht bereits für überdurchschnittliche Bildung bei 3 Männern, die aus einem völlig abgelegenen Dorf kommen. Zur Erinnnerung: im Tschad landesweit 65% Analphabeten, durchschnittliche Schuldauer 2-3 Jahre.

Unterricht in Hygieneverhalten am Bienenstock

* dieses wäre in Deutschland mit 2 Sätzen erledigt. In Afrika ist das Thema Hygiene ein riesiges. Es gibt vielerorts keine Toiletten, schon gar kein Papier, Wasser ist auch knapp. Körperliche Sauberkeit ist den Afrikanern wichtig. Wer irgend kann, wäscht sich täglich aus einer kleinen Schüssel,  aber eben 1x morgens. Das Thema Toilette ist ein ganz anderes. Grundsätzliche Kenntnisse über Hygiene und den Zusammenhang mit Krankheiten fehlen vielerorts. Auch Übertragung auf die Biene durch Kontakt mit anderen Tieren oder Pflanzen ist sicherlich ein Thema. Dies kann nur lokal spezifisch gelehrt werden. Bienen sind ja sehr geruchssensibel und können dadurch irritiert, geschädigt oder zu agrressivem Verhalten angeregt werden.

Josué demonstriert die Anatomie direkt an der Biene. Er erklärt gerade, dass sie 2 paarige, also 4 Flügel sowie 6 Beine hat. 

* Die Insektenanatomie war mit Sicherheit nicht Inhalt der Grundschulbildung. Dort wird Lesen, Schreiben, Rechnen gelehrt und jede Menge Verhaltensregeln, Religion je nach Region mehr oder weniger.

Josué erklärt, dass der Imker durch Auswahl von Völkern und deren gezielter Vermehrung die Eigenschaften der Bienen in eine gewünschte Richtung entwickeln kann.

Die Imker-Schüler mit Fahrrädern vor dem Tor zu Josués Haus

* Es ist aus jeden Fall bemerkenswert, dass Josuè für alle 3 Imkerschüler ein Fahrrad bereitsstellt. Diese Modelle sehen sogar passabel aus, keine Schrottlauben. Dies ist in Afrika ein Wertgegenstand. Josué zeigt nochmals, dass er einen Qualitätsanspruch an seine Ausbildung stellt und hat auch hier investiert. Eine Familie hat sonst keine 4 Erwachsenenfahrräder, die Kinder schon gar nicht, vielleicht eins für den Mann.

Die Imkerschüler kommen per Rad am Bienenstand an

* Die Räder sind natürlich nicht als Freizeitgerät gedacht, sondern als zeitsparendes Transportmittel, um alle 10 Bienenstände von Josué erreichen zu können. Josué treibt auch hier einen unüblich hohen Aufwand für seine Schüler. Sie sollen ihn auf Schritt und Tritt begleiten können, er möchte ihnen alle seine Bienenstände zeigen.

Die Imkerschüler bewegen sich zwischen den Bienenstöcken am Stand

* Sie wirken dabei total entspannt, obwohl sie keinen Schutzanzug tragen. Offensichtlich erlaubt die Bienensorte, mit der Josué imkert, diese Annäherung. Bei den Temperaturen bis 30 Grad ist das natürlich eine Erleichterung. Das wird auch in Kamerun nicht bei allen Arbeiten am Bienenstock  möglich sein. Die Schüler erhalten auf jeden Fall jeder einen Imkeranzug.

Die drei tragen Gummistiefel, auch ein besonderes Kleidungsstück in Afrika und mit Sicherheit von Josué gestellt. Tropisches Afrika kann sehr nass sein, aber vor allem schützen sie gegen Bisse von Giftschlangen, Skorpionen und ähnlichem Getier, das im Busch allgegenwärtig ist. Also auch hier zeigt sich eine bemerkenswerte Vorbereitung und Umsicht.

Wir haben in Afrika weder persönlich noch auf Fotos je einen Einheimischen in Gummistiefeln gesehen. Sie wenden in der Regel Magie oder Kräuter zur Schlangenabwehr an, aber das führt hier zu weit.

Die Gruppe besucht Josué´s Ziegenstall

* Josué ist sicher stolz darauf, neben Bienen auch Ziegen und Kaninchen zu halten und zu züchten. Daher zeigt er seinen Schülern eben auch diese Stallung. Das Thema Tierhaltung ist vor allem im dörflichen Afrika ein zentrales, das den Wohlstand (oder die Armut) einer Familie definiert. Jedes Wissen über Tiere ist daher ungeheuer wertvoll. Die Imker-Schüler dürften das als unerwarteten Zusatzunterricht begierig aufnehmen.

Nicole und Martin Vollmer